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Gerüstarten:

Um dem Namen dieser Domain gerecht zu werden, muss ich mich natürlich auch eingehend mit den Bauarten der verschiedenen im Ruhrgebiet eingesetzten Gerüste beschäftigen. Aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Ausführungen der einzelnen Bauformen werde ich hier nur auf die gängigsten, oder aber auf die für mich besonders interessanten, Fördergerüste eingehen. Ich versuche hiermit eine gewisse Ordnung in die "Fördergerüstentwicklung" in Deutschland zu bringen, sowie eine verständliche Übersicht dieser zu geben.

Hier nun meine Einordnung der gängigsten Formen der in Deutschland, speziell aber der im Ruhrgebiet, errichteten Fördergerüste.

Man unterscheidet zwischen den Bauarten

I.)

- Fachwerkbauweise
- Profilbauweise


und nach der Strebenauslegung

I.a.)

- Einstreben
- Doppelstreben


aber auch nach deren Strebenausführung

I.b.)

- Zweistrebig
- Dreistrebig


sowie nach der Etagenausführung

II.)

- eingeschossig
- zweigeschossig


als auch nach den verschiedenen Bauformen dieser

III.)

- Bockgerüste
- Pyramidengerüste
- Strebengerüste
- Turmgerüste
- Kastenprofilgerüste

die sich dann wieder in verschiedene Bauweisen unterteilen z.B.

IV.)

- Tomson
- Promnitz
- Saar
- Zschetsche
- Klönne
- Gehlen
- Humboldt
- Dörnen


Darüber hinaus (Pkt. V.-XV.) kann noch nach Fördermaschinenenart (Koepe-, Bobinen- oder Trommelförderung); da hier die Auslegung der Seilscheibenbühne je nach Ausführung abweichen kann; sowie gerade in der Pionierphase des Ruhrbergbaus auch nach den Baumaterialien (Holz, Eisen [Stahl] später auch Beton) unterschieden werden. Auch wird die Seil- und Spurlattenführung, sowie die Förderart (Gestell- oder Skipförderung) mit ihren unterschiedlichen Bauarten verschieden ausgeführt. All diese Punkte können hier nur teilweise oder gar nicht berücksichtigt werden.

Desweiteren gibt es noch zahllose Varianten und Einzellösungen, deren Ausführung ich aber allen Beteiligten ersparen möchte. Diese würden den Umfang und sicherlich auch das Interesse der Besucher dieser Seite eindeutig sprengen...

Besondere Konstruktionsfeinheiten der Bauweisen sind daher nur für den Fachmann von Interesse, der sich detailliert mit den einzelnen Bauausführungen auseinandersetzt.

Die Riegel, Verbände, Fachwerke, Verstrebungen etc. der Bauformen werden in den Zeichnungen, der Übersicht halber, nur grob oder gar nicht dargestellt. Malakowtürme und Turmförderanlagen mit Turmförderung sowie Stahlbetonfördertürme werden hier nicht berücksichtigt, da diese strenggenommen eine Sonderform eines Fördergerüstes darstellen.

Eigentlich beschreibt der Begriff "Fördergerüst" ja eine Seilstützkonstruktion aus Holz oder Stahl mit dazugehöriger Flurfördermaschine.

Information zu den Darstellungen: Die Seilscheiben der Abbildungen werden immer ohne Seilauflage dargestellt. Die Förderseile, unter Ausnahme der Turmförder- und Doppelstrebengerüste sowie des Göpels, werden immer von "Rechts" aufgelegt. Eine Unterscheidung zwischen Trommel- oder Koepeförderung wird hier nicht getroffen. Auch wird der geläufige Begriff "Vollstrebengerüst" hier nicht gebraucht, da dieser ein Fördergerüst nur unzulänglich zu bezeichnen vermag.


Göpel:


Pferdegöpel
Im eigentlichen Sinn kein Fördergerüst, aber der erste Schritt zu einer mechanischen Förderung ohne menschliche Körperkraft

Fachwerkbauweise:

Bockgerüste:

Englischer Bock (Bockgerüst): Eingeschossiges Einstrebengerüst in verschiedenen Bauformen. Diese Bauarten wurden in Holz (bis zu einer Höhe von ca. 20m) später aber dann auch in Stahl ausgeführt. Dieser Übergang zum neuen Baustoff Stahl (Eisen) erfolgte zuerst aber nicht aus Festigkeitsgründen, sonder aus rein praktischen, es waren damals einfach keine Holzstämme einer solchen Länge verfügbar. Aus der Not wurde dann in Folge aber eine Tugend, wie so oft im Bergbau...


einfaches Bockgerüst


Bockgerüst Hibernia I


mit Spurlattenführung


mit Seilführung

Zweigeschossiges Bockgerüst:


Fördergerüst Neu-Iserlohn II
Divergenz bezüglich der Bauzeichnung und der Umsetzung!!

Pyramidengerüste:


Fördergerüst Barillon (Julia)
erstes eisernes Fördergerüst im Ruhrgebiet


Seigerer Schacht Ver. Gideon

Strebengerüste:

Deutsches Strebengerüst:


mit abgespannten Stützen und Streben


Bauweise Tomson Bock


Bauweise Promnitz 1


Bauweise Promnitz 2


Bauweise Promnitz 3


Werne II


Fördergerüst Beeckerwerth I


Fördergerüst Beeckerwerth II


Bauweise Saar mit abgewickelter Stütze


Bauweise Zschetsche


Fördergerüst Möller II


Bauweise Klönne


Bauweise Gehlen


Bauweise Humboldt

Zweigeschossige Einstrebengerüste:


Elisabethenglück


Herkules I

Doppelstrebengerüste:


Fördergerüst Zollverein IV


Fördergerüst Alma III


Gelenkgerüst Hannover II


Doppelstrebengerüst Deutscher Kaiser I

Profilbauweise:

Vollwandgerüste:

Die schwarz dargestellten Profile sind vollwandig (massiv) ausgeführt


eingeschossiges Einstrebengerüst Bauart Dörnen


eingeschossiges Einstrebengerüst Bauweise Dörnen 2


aufgesetztes eingeschossiges Einstrebengerüst Bauart Dörnen 2 mit lotrecht geknickter Strebe auf Malakoffturm Graf Schwerin I


zweigeschossiges Einstrebengerüst Bauweise Dörnen 2


Fördergerüst Bonifacius II


Fördergerüst Friedrich-Heinrich III


Doppelstrebengerüst in Vollwandbauweise


Fördergerüst Centrum VII


Fördergerüst Gneisenau IV

Turmgerüste / Turmförderanlagen:


Kastenprofile:

Einstrebige Kastenprofile:
Die schwarz dargestellten Profile sind als Kastenprofile (hohl) ausgeformt.


Fördergerüst Waltrop III


Fördergerüst Niederberg IV


Fördergerüst Grimberg IV


Fördergerüst Haus Aden VII "Golfschläger"


Fördergerüst Ewald


Fördergerüst Kurl III

Doppelstrebige Kastenprofile:


Fördergerüst Auguste Victoria VIII in A-Form

Spezifische Fragen zum Thema "Seilstützkonstruktionen":

Frage : Warum haben die älteren Fördergerüste so hohe Aufbauten und Dächer, welche die Seilscheibenbühne oft weit überragen?

Antwort: Bevor es moderne Hochkräne gab, wurden die Seilscheiben mithilfe eines fest installierten Hebezeuges, welches eine feste Auflage (siehe Animation) benötigte, gewechselt. Deshalb werden diese Aufbauten auch Krangerüste (Kranbühnen) genannt. Die Dächer wurden erst mit dem Aufkommen der Hochkräne demontiert um einen problemlosen Seilscheibenwechsel zu ermöglichen. Diese waren zum Schutz der damals noch witterungsunbeständigen Materials gedacht. Es gibt verschiedene Ausformungen dieser Krangerüste, diese wurden je nach der Bauart, und dem auf dem Betriebsgelände für den Seilscheibenwechsel zu Verfügung stehendem Platz (sowohl nach vorne, hinten oder zur Seite), ausgelegt. Der Begriff "Seilscheibe" rührt übrigens aus den Anfängen des Bergbaus her, da zuerst "Räder oder Scheiben" aus Vollholz zur Aufwicklung, Führung und/oder Umleitung des Förderseils verwendet wurden. Der Begriff "Förderrad" ist eigentlich auch möglich, dieser wird aber im Sprachgebrauch fast nicht genutzt.

 


schematischer Seilscheibenwechsel

Frage: Wo wird eigentlich der Unterschied zwischen "Förderturm" und "Fördergerüst" gezogen?

Antwort: Der oft verwandte Begriff "Förderturm" trifft eigentlich nur auf Bauwerke zur vertikalen Seilförderung eines Fördermittels zu, welche durch eine Seilstützkonstruktion aus Holz oder Stahl mit dazugehöriger Flurfördermaschine ausgerüstet ist. Hierbei ist der Begriff "Flurfördermaschine" ausschlaggebend. Dieser bezeichnet eine technische Apparatur (Fördermaschine) welche das Förderseil auf Boden- oder Hängebankniveau bewegt oder antreibt und durch die jeweilige konstruktive Bauart wieder umleitet. Grob kann man aber sagen, daß sobald keine Förderseile offensichtlich zu erkennen sind, es sich um einen Förderturm handelt. Eigentlich ist der Begriff "Turmförderung" eher passend, da dieser die Bauform der mit "Förderturm" gemeinten Anlagen deutlicher umschreibt....

Frage: Was ist eigentlich mit Malakowturm (Malakoffturm) gemeint?

Antwort: Eigentlich sind zwei Schreibweisen geläufig (Malakoffturm oder Malakowturm). Diese rühren aus dem Krim-Krieg 1855 her, bei dem die Festung Malakoff bei Sewastopol (Sebastopol, Sevastopol) durch das französisch-britische Expeditionskorps belagert wurde. Diese Festung wurde am 08.09.1855 durch das Korps eingenommen.

Die Festungswerke von Sewastopol wurden in starker Ziegelbauweise ausgeführt, die aber gegen die damals "moderne" Kriegsführung auf Dauer nicht bestehen konnte.

malakoff 1855
"La tour Malakoff", November 1855 von Jean-Charles Langlois
© RMN/B. Hatala
Quelle: link

Da der Krimkrieg die erste mediale und publizistisch vermarktete Auseinandersetzung darstellte, wurde die imposante Bauweise der Festung auf die Ausführung der damals in Deutschland neuen Stützgerüste angewandt und diese danach benannt. Malakofftürme wurden aber nicht nur in Ziegelbauweise sondern, besonders in Deutschland, auch aus Feld- oder Bruchsteinen erbaut. Die Bauweise kennzeichnet den Übergang zum heutigen Tiefbau. Auf Grund fehlender oder unbekannter statisch wirkender Kräfte wurde eine alte herkömmliche Bauart gewählt, deren Verhalten auf Zug- und Entlastungskräfte sich zumindest bewährt hatte. Der letzte Malakowturm im Ruhrgebiet wurde 1897 auf der Anlage Alte Haase erbaut.

Es sind noch vierzehn Malakofftürme im Ruhrgebiet erhalten:

 1. Zeche Rheinpreußen I 1857-1879
 2. Zeche Carl 1856
 3. Zeche Ewald 1872-1875
 4. Zeche Prosper II 1872-1875
 5. Zeche Holland (Doppelschachtanlage) I-II 1856-1860
 6. Zeche Prinz Regent (Julius-Philipp) 1875-1878
 7. Zeche Vereinigte Carolinenglück 1847-1856
 8. Zeche Hannover I 1857
 9. Zeche Unser Fritz 1871
10. Zeche Alte Haase 1897
11. Zeche Brockhauser Tiefbau 1874
12. Zeche Westhausen 1872-1873
13. Zeche Fürst Hardenberg 1874


Diese Übersicht wird in der nächsten Zeit noch erweitert, da es eine Vielzahl an verschiedenen Bauformen gibt und gab. Zu der Entstehungsgeschichte der verschiedenen Arten und Ausführungen werde ich in nächster Zeit eine Ausarbeitung erstellen.

Diese bisher erstellte Teilübersicht der Bauformen der Gerüstarten kann bei mir als pdf-Datei angefordert werden:

Fördergerüstarten und Bauformen