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Danksagung

Diese umfassende Zeitübersicht der Schachtanlage wurde von Frau Rathmann zusammengestellt. Für die Freigabe möchte ich mich recht herzlich bedanken.

Die Anfaenge 1859 bis 1908

Schon weit vor der Gründung der Zeche Lothringen erfolgen in den Jahren bis 1871 einige Ereignisse, die wichtig für die spätere Gründung sind:

02.02.1856 Verleihung des Feldes Janus
13.06.1856 Verleihung des Feldes Nelson
24.08.1858 Verleihung des Feldes Montenegro
29.04.1859 Verleihung des Feldes Sanssouci
21.10.1869 Vereinigung der Felder Janus, Nelson, Montenegro und Sanssouci zum Feld Sadowa.
20.07.1871 Verleihung des Feldes Sanssouci II
08.04.1872 Konsolidation der Felder Sanssouci, Sanssouci II und Sadowa zum Feld Lothringen, und die "Gewerkschaft der
Zeche Lothringen" wird gegründet.

Der Name Lothringen spiegelt die Begeisterung über das 1871 eingegliederte Reichsland Lothringen wieder.

Die Gründungsgewerken sind Fritz Funke, Heinrich Grimberg, Carl Korte, Wilhelm Schürenberg, sowie Carl und Friedrich Wilhelm Waldthausen. Unter diesen Gewerken werden genau 993 Kuxscheine aufgeteilt.

Noch im Gründungsjahr, genauer am 02.07.1872, beginnen die Abteufarbeiten für Schacht I in Gerthe. Sie bringen gleich die ersten Probleme in Form starker Grundwasserzuflüsse mit sich. Die zur Überwindung benötigten Mittel und der Aufbau der Tagesanlagen strapazieren die Finanzdecke der Gewerkschaft stark, so daß die Gewerken Zubußen leisten müssen.

Die Tagesanlagen bestehen in den ersten Jahren aus dem Schachtgebäude mit einer englischen Zwillings-fördermaschine, dem Kesselgebäude mit sieben Dampfkesseln und einer Dampfpumpe zum Abpumpen der Grubenwasserzuflüsse.

Neben den technischen Problemen gibt es aber auch logistische Schwierigkeiten: Die Umgebung der Zeche ist ländlich geprägt, die Eisenbahn hat den Bochumer Norden noch nicht erreicht, Straßen sind bestenfalls für Fuhrwerke nutzbar, und die Einwohnerzahl von Gerthe beträgt 1872 gerade mal 464 Personen.

Bis 1874 erreicht man schließlich die Kohle in einer Tiefe von 160m und setzt die erste Sohle (Wettersohle) und die zweite Sohle an. Dort führt man die ersten Aufschlußarbeiten Richtung Norden durch, die ein stark verworfenes Gebirge ergeben. So wendet man sich nach Süden, findet dort aber nur 2 dünne Flöze Magerkohle vor, so daß man entmutigt die Abteufarbeiten am 10.02.1875 einstellt.

Erst gute Aufschlüsse auf der nördlich gelegenen Zeche "Mont Cenis" geben den Anstoß, es nochmals im nördlichen Bereich zu versuchen, ein Erfolg stellt sich jedoch nicht ein.

Gestörte Lagerungsverhältnisse machen einen lohnenden Abbau unmöglich. Entnervt geben einige Gewerken ihre Beteiligungen auf, und nur der persönliche Einsatz von Fritz Funke ab 1879 erlaubt der Zeche ihr vorläufiges Überleben.

Schließlich stoßen die Aufschlußarbeiten auf die Flöze I (Röttgersbank) und H (Dickebank), die bei genauerer Untersuchung edelste Qualität offenbaren; die Zeche hat endlich eine Perspektive.

Als 1876 endlich der Eigenbedarf an Kohle gedeckt werden kann und kleinste Mengen im Landabsatz verkauft werden, offenbart sich gleich das nächste Problem:
Es fehlt, trotz mehrfacher Bemühung des Zechenvorstandes, ein Anschluß an das Eisenbahnnetz. So wird die geförderte Kohle bis 1880 per Fuhren von Lothringen zum Bahnhof Dortmund-Merklinde verfrachtet, was die Kosten in die Höhe treibt. Erst im Jahre 1880 kann der Bau einer eigenen Anschlußbahn abgeschlossen werden.

So startet 1883 der Bau der Separation und Kohlenwäsche, die Bewetterung wird verstärkt, 1886 geht die Brikettfabrik und 1887 die erste Kokerei mit 50 Flammöfen in Betrieb. Die Abwärme der Kokerei wird verwertet. Die Errichtung einer großen Maschinenhalle erleichtert den Tagesbetrieb spürbar.

Parallel werden ab 1882 weitere positive Aufschlüsse gemacht, die das Anlegen einer zweiten Bausohle nahelegen. So wird in den Jahren ab 1884 der Wetterschacht nördlich von Schacht I abgeteuft. Die bekannten Wasserzuflüsse führen erneut zu Problemen: Der Schacht bricht bei 28m Tiefe zusammen und wird 80m weiter westlich erneut angesetzt. Diesmal wird zunächst ein Bohrloch auf die Wettersohle durchgebracht, dann aufgebrochen und ausgekleidet. 1887 geht der Wetterschacht in Betrieb.

Damit sind die Bedingungen für den Betrieb einer dritten Sohle erfüllt, die Arbeiten für deren Ansetzung beginnen im gleichen Jahr. Dort muß man erneut mit einem Rückschlag fertig werden:
Die auch hier auftretenden Gebirgsstörungen machen einen kontinuierlichen Abbau schwierig. Dies führt im Jahre 1894 zum Ansetzen der 4. Sohle.

Auch wirtschaftlich entwickelt sich die 1886 in "Gewerkschaft des Steinkohlenbergwerkes Lothringen" umbenannte Zeche langsam. Nachdem bis zum Jahr 1888 insgesamt 2,03 Millionen Mark an Zubußen gezahlt wurden, wird 1889 erstmals eine bescheidene Ausbeute von 60 Mark pro Kux gezahlt. 1890 werden schon 600 Mark gezahlt. 1893 tritt die Zeche dem Rheinisch-Westfälischen Kohlen-Syndikat als Gründungsmitglied bei. Dieses versucht Absatz und Preise zu regulieren, indem sie pro Mitglied und Förderschacht eine feste Absatzquote festlegt.

Betriebliche Sozialpolitik und bergamtliche Vorschriften führen zu Kosten, die durch die garantierte Absatzmenge nicht gedeckt sind. Ein Antrag auf Fördermengenerhöhung wird vom RWKS abgelehnt, weshalb sich die Werksleitung zur Abteufung eines zweiten Schachtes entschließt.
Dieser wird 75m westlich von Schacht I ab dem 09.04.1895 abgeteuft und erhält einen eisernen Förderturm, eine Innovation, die Schacht I erst um 1901 zuteil wird.

Durch die Inbetriebnahme von Schacht II steigt die Beteiligungsziffer beim RWKS auf 540.000 t pro Jahr. Die Tagesanlagen werden deshalb entsprechend erweitert. So entsteht bis 1896 eine neue Wäsche mit 125 t/Stunde Leistung, die Kokerei wird erweitert und um die Gewinnung von Nebenprodukten wie Teer, Ammoniak und Benzol ergänzt. Damit kann die gesamte Fördermenge an Feinkohle verkokt werden, was rentabler ist, als die Brikettierung zu verkaufen. Folgerichtig wird die Brikettfabrik 1896 stillgelegt, 1901 aber wegen schlechter Koksnachfrage wieder in Betrieb genommen.

1900 kauft Lothringen von der Gelsenkirchener Bergwerke AG eine Berechtsamen von 1,1 Quadratkilometern und erweitert damit sein östliches Feld. Die Größe des Untertagebetriebs verlangt nach verbesserter Bewetterung, weshalb die Abteufung von Schacht III 900m östlich von Schacht I/II bis zum 01.10.1902 fertiggestellt wird.

Ebenfalls 1902 geht eine Grubenholzimprägnieranlage auf Schacht I/II in Betrieb, was die Holzkosten für den Streckenausbau um 10% reduziert. Bis 1905 wird die Kokerei mehrfach erweitert und modernisiert, was auch für die Nebenproduktengewinnung gilt.

Diese Erweiterung trägt dem Kauf des Oswaldschen Patentes zurHerstellung von Salpeter(-säure) Rechnung.

Die strikte Ausrichtung auf die Gewinnung und Veredlung der Kohlenstoffe wie Ammoniak, Teer und Benzol wird konsequent durch den Betritt oder die (Mit-)Gründung von Absatzorganisationen unterstützt. So tritt Lothringen 1899 der "Deutschen Ammoniak Verkaufsvereinigung" bei, 1905 der "Deutschen Benzolvereinigung" in Bochum.

1906 sieht eine erneute Erweiterung der Kokerei, den Bau einer Baumschen Kohlenwäsche auf Schacht III sowie den Umbau auf elektrischen Betrieb.

1908 und 1909 wird die elektrische Zentrale auf Schacht I/II modernisiert. Deren Leistung ist groß genug, um mit den Elektrizitätswerken Westfalen einen Liefervertrag für die Bochum-Castroper Straßenbahn abzuschließen.

Die wirtschaftliche Entwicklung von 1908 bis 1945

Es gibt für die Zeche Lothringen mindestens zwei einschneidende Ereignisse vor dem Ersten Weltkrieg: Zum einen die erste Ausschüttung einer Ausbeute an die Gewerken 1889, zum anderen den Erwerb des Ostwaldschen Patentes zur Umwandlung von Ammoniak in Salpeter (-säure). Während der Eintritt in die Gewinnzone eher von lokaler Bedeutung ist (für die Existenz der Zeche und für die Gewerken), so ist der Patenterwerb zumindest von nationaler, vielleicht sogar von weltweiter Bedeutung. Über die Entstehung der Chemischen Werke Lothringen wird an anderer Stelle ausführlich berichtet, aber der erfolgreiche Abschluß der Forschungsrbeiten läßt das deutsche Reich den Krieg weiterführen und ist sicherlich nicht zum Schaden der Gewerkschaft Lothringen.

Auch die Ausbeute (die "Dividende" für die Gewerken) überschreitet 1901 erstmals die Grenze von 1.000.000 Mark, die Summe wird bis zur Umwandlung der Gewerkschaft in eine AG nie mehr unterschritten. 1917 erreicht Lothringen die höchste Ausbeute mit rund 4.000.000 Mark.

Auch die Beteiligung am RWKS wird konsequent ausgebaut, dies geschieht teilweise durch die Abteufung weiterer Schächte, aber auch durch Aufkauf anderer am Syndikat beteiligter Zechen. Zum gleichen Zweck schließen sich Lothringen und Graf Schwerin bereits vor der Jahrhundertwende zu einem Verkaufsverein zusammen.

1910 beginnen die Abteufarbeiten an Schacht IV in Hiltrop, die erste Kohle wird auf der Anlage am 15.09.1911 gefördert.

1912 ersteht man die Mehrheitsbeteiligung an der Bergbau AG Mark in Sölde (Dortmund) und gelangt so in den Besitz der Zeche Freiberg, die noch 1912 stillgelegt wird und deren Anteil am Syndikat somit an Lothringen fällt. Im gleichen Jahr wird die Zeche "Freie Vogel & Unverhofft" aufgekauft und modernisiert. Für die 958 Kuxe von "Freie Vogel & Unverhofft" zahlt Lothringen 1.900 Mark pro Stück. Dies alles führt dazu, daß Lothringens Beteiligung von 213.125 Tonnen im Jahr 1893 auf 1.214.800 Tonnen im Jahr 1914 steigt. Dazu kommen noch das Abteufen von Schacht V ab 1913 und der Förderbeginn des Schachtes 1915.

Der Anteil am RWKS steigt allerdings kontinuierlich, da Lothringen weiter expandiert, so wird 1915 die Kuxen-mehrheit an "Vereinigte Schürbank & Charlottenburg" in Dortmund - Aplerbeck übernommen. Ein Jahr später schließen sich Lothringen, Schwerin, Freie Vogel & Unverhofft, Oespel-Borussia und Barmen in einem Verkaufsverein innerhalb des RWKS zusammen. An Oespel-Borussia und Barmen erwirbt Lothringen gleichzeitig Anteile.

1919 erfolgt die Zusammenlegung der Verwaltungen von Lothringen und Graf Schwerin in Gerthe, da Lothringen die Kuxenmehrheit an Schwerin erwirbt. Damit fällt auch die Gewerkschaft Glücksaufsegen, an der Schwerin die Mehrheit hält, an Lothringen. Im gleichen Jahr werden die Gewerkschaften "Alte Haase" und Johannessegengekauft.

Mit dem Beschluß der Gewerkenversammlung vom 16.10.1920 wird die Gewerkschaft Lothringen in die Bergbau AG Lothringen zum 01.01.1921 umgewandelt. Mit der Umwandlung betreibt Lothringen den Ausbau des Unternehmens vom reinen Bergbaubetrieb in ein vertikales
Unternehmen, d.h. von der Förderung bis zum Endprodukt soll alles in einer Hand produziert werden, in Lothringer Hand. Zunächst werden die Zechen "Barmen" und "Alte Haase" zur
"Gewerkschaft Alte Haase 1-3" fusioniert.

Mit den "Essener Steinkohlebergwerken" sowie "Henschel und Sohn" bildet man eine Interessengemeinschaft im Rahmen des RWKS, was die Lothringer Beteiligung auf 7,7 Millionen Tonnen erhöht. Diese Gemeinschaft bricht unter dem Druck der Ruhrbesetzung durch die Franzosen 1923 auseinander.

Als eines der ersten Unternehmungen wird eine konzerneigene Bank gegründet: Die Westfalenbank in Bochum. Dazu kauft man die Harzer Bank in Osterode auf und verpflanzt sie nach Bochum. Im Aufsichtsrat der Bank finden sich:

- Otto Gehres (Vorsitzender) als Aktionär und Generaldirektor der BBAG Lothringen
- Ernst Tengelmann (stellvertretender Vorsitzender) als Vetreter der Essener Steinkohlenbergwerke
- Gustav Pilster (Commerz- und Privatbank A.G., Berlin)
- August Rosterg (Wintershall A.G.)

Noch 1920 erwirbt Lothringen die Mehrheit am "Märkisch-Westfälischen Bergwerksverein, Letmathe", wodurch man an Hüttenwerke im Harz gelangt. Darunter fällt u.a. die "Mathildenhütten AG", Harzburg.

Da die Zechenbahn der Zeche Lothringen mehr als überlastet ist, entschließt man sich für einen Anschluß an den Hafen des Rhein-Herne-Kanals. Um die Lasten weiter zu transportieren, kauft man gleich noch Anteile an den Schiffswerften:
- "Schiffswerft Koch, Lübeck"
- "Otto, Harburg"
- "Dampfschiffahrtsgesellschaft Kosmos"
- "AG Westlignose, Berlin"

Im Jahr 1923 tut sich endlich wieder etwas auf den Schachtanlagen: Die Grubenholzimprägnieranlage geht auf Schacht V in Betrieb, und die Baufelder der Schächte I, II und III werden zusammengelegt. Wegen der Ruhrbesetzung zieht die Verwaltung nach Hannover um.

1924 werden zwei Schächte von "Alte Haase" stillgelegt und die gesamte Zeche 1925 an das RWKS verkauft.
Ebenfalls 1924 erwirbt Lothringen Beteiligungen an:
- Hannoversche Maschinenbau AG (HANOMAG)
- Hannoversche Waggonfabrik AG
- Hannoversche Eisengießerei und Maschinenfabrik
- Lindener Eisen & Stahlwerke AG
- Hiby und Schroer (Steinzeug)
Außerdem gründet man die Handelsgesellschaft "Eisen-AG Lothringen".

1925 kauft Lothringen die Steinkohlenbergwerke "Becker", Krefeld und erwirbt damit die Zechen Präsident undHerbede. Am 10.11.1925 verschmelzen Lothringen, Präsident und Vereinigte Schürbank & Charlottenburg.
Die Anlage in Herbede und "Freie Vogel & Unverhofft" werden wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage vorläufig stillgelegt. Herbede geht erst 1927 wieder in Betrieb.

Auf Schacht IV wird 1925 mit dem Bau des neuen Kesselhauses begonnen. 1926 werden die Bauarbeiten abgeschlossen. Dies ist auch das Jahr, in dem die Kokerei teilweise auf Trockenkühlung des Koks umstellt. Dabei wird der heiße Koks mit Hilfe von Kohlensäure und Stickstoff abgekühlt und nicht, wie bisher üblich, über die Zufuhr von Wasser. Die bei der Trockenkühlung entstehenden heißen Gase werden zur Dampferzeugung genutzt.

Durch Herbede und Becker kommt Lothringen an die "Continentale Handelsgesellschaft, Zürich" und dieFirma "Hillinghaussen & Co." in Bochum.

1925 entschließt man sich, an der Castroper Straße ein Walz- und Stahlwerk für die eigenen Erze und Kokskohle zu bauen. Die Bauarbeiten werden 1927 abgeschlossen, und 1927/1928 wird das Werk mit der "Maschinenbau AG Elsaß" zur neugegründeten "Eisen- und Hüttenwerke AG" verschmolzen. Dies sind heute die Stahlwerke Bochum.

1928 wird die Handelsgesellschaft Lothringen gegründet. Hintergrund ist die neue Holzimprägnieranlage auf Schacht V: Deren Auslastung soll mit Fremdaufträgen erhöht und der Absatz verbessert werden.

Die schier unübersichtliche Anzahl an Betrieben und Aufkäufen belastet die Gesellschaft enorm, und die einsetzende Weltwirtschaftskrise bringt die BBAG Lothringen an den Rand des Ruins. So erinnert sich der Direktor der Übertagebetriebe:

"Die Banken hatten von dem großen Konzern Lothringen Besitz ergriffen und versuchten auf jede Art und Weise abzubauen, um zu ihrem Gelde zu kommen."

Die Situation erfordert drastische Maßnahmen:
- 1925 die Schiffswerften werden abgestoßen
- 1925 Oespel, Herbede (nur bis 1927), Freie Vogel und Schürbank werden stillgelegt
- 1926 Glücksaufsegen stillgelegt
- 1929 am 06.05 wird das Kapital auf 45,6 Millionen Reichsmark herabgesetzt
- 1930 / 1931 werden die Kokereien von Schwerin, Lothringen I/II und Präsident stillgelegt.
- 1934 wird Hiby & Schroer liquidiert.

Dennoch verschärft sich die finanzielle Situation. Am 29.06.1932 muß HANOMAG die Zahlungen einstellen.
Lothringen muß sich endgültig auf Konsolidierungs-verhandlungen mit den Banken einrichten. Diese beginnen bereits 1931 und werden 1933 erfolgreich abgeschlossen. Neben den bereits erwähnten Maßnahmen wird das Grundkapital auf 20.000.000 Reichsmark reduziert, und HANOMAG wird verkauft (1933). Nach der Konsolidierung verbleiben der AG die Schächte I-IV, Präsident, Herbede, die stillgelegten Zechen in Dortmund und, die Gießereien, Erzgruben im Harz, die Handelsgesellschaften und die Stahlwerke Bochum. Eine gute Nachricht gibt es aber auch: Die Hauptverwaltung der BBAG Lothringen zieht am 29.06.1932 von Hannover zurück nach Gerthe.

Der wirtschaftlich einsetzende Aufschwung bringt die Inbetriebnahme der Kokereien auf Lothringen I/II und Schwerin und eine allgemeine Erholung der AG. 1936 sieht man sich dennoch gezwungen, die Stahlwerke an die Firma Otto Wolff in Köln zu verkaufen. Etwas später erwirbt die Wintershall AG die Aktienmehrheit an Lothringen von der Deutschen Bank. Nur ein Jahr später werden die Mathildenhütte AG und die Erzgruben in Harzburg an Krupp/Hoesch abgegeben.

Am 30.12.1937 beschließt die Gewerkenversammlung von Graf Schwerin die Übertragung aller Vermögen und Schulden auf den Hauptgewerken Lothringen (963 von 1000 Kuxen). Lothringen zahlt dafür 4000 Reichsmark für jede der restlichen 37 Kuxe. Damit fusioniert Graf Schwerin mit der Lothringer Bergbau AG. Die ebenfalls noch selbstständig geführte Zeche Herbede wird am gleichen Tag mit Lothringen verschmolzen.

Erstmals kann 1938 wieder eine Dividende in Höhe von 4% an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Um 1939/1940 werden schließlich die Erzbergwerke verkauft. Damit ist Lothringen bis auf die Handelsgesellschaften wieder ein reines Bergwerksunternehmen, hat aber seine Selbständigkeit eingebüßt.

Das Ende kommt 1945 bis 1967

Nach der Machtübernahme der Nazis verlieren diese keine Zeit. Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften am 02.05.1933 wird am 10.05.1933 die Deutsche Arbeitsfront (DAF) gegründet. Sie übernimmt die Vermögen der Gewerkschaften und hält die Arbeiter mit einer Politik von "Zuckerbrot und Peitsche" auf politischem Kurs. Die Mitgliedschaft ist zwar freiwillig, läßt sich aber kaum vermeiden, wenn es um Dinge wie Urlaub ("Kraft durch Freude") oder gar das versprochene KdF-Auto geht (nach dem Krieg bekannt als "Käfer", bis 1945 ein Phantom), dessen Werk in Wolfsburg mit den beschlagnahmten Gewerkschaftsvermögen gebaut wurde.

1936 tritt auch der Vierjahresplan für den Bergbau in Kraft. Mit ihm wird die staatliche Lenkung intensiviert.
Das vorgebene Ziel für den Bergbau lautet, die Produktion von Koks und Kohle drastisch zu steigern. Dies ist notwendig, damit Stahl-, Kunststoff- und Stickstoffindustrie ihre Rüstungsziele erreichen können. Diese Vorgaben können den Ruhrbergbau zu keiner ungünstigeren Zeit treffen: Seit der Weltwirtschaftskrise durchlebt der Bergbau eine schwere Krise, und die Versorgung der Bevölkerung ist schlecht, keine Situation, in der die benötigten Höchstleistungen ohne Schwierigkeiten geleistet werden können.

Die staatliche Lenkung setzt darüber hinaus die Preise für Koks und Kohle bewußt niedrig an, um die Kosten der Aufrüstung gering zu halten. Dies hat aber zur Konsequenz, daß die nötige Modernisierung der Zechen unterbleibt.

1939 überfällt Deutschland Polen und löst damit den Zweiten Weltkrieg aus. Im Reichswirtschaftsministerium wird auf Kriegswirtschaft umgestellt. Es werden Kohleverteilungs-gesellschaften gegründet und ab 1940 einem Reichskommissar unterstellt. Dieser scheitert, weshalb die Lenkung nochmals in der "Reichsvereinigung Kohle" verstärkt wird.

Auch Lothringen hält wirtschaftlich und politisch Kurs, auf dem Bild der Kokerei von 1938 flattert stramm die Hakenkreuzfahne im Wind . Auch in der Maschinenhalle kommt kein Zweifel auf. Auch die Werkszeitung ist linientreu
und hetzt gegen Franzosen und Juden. Untertage findet sich
der "Adolf-Hitler-Stapel" (Stapel = Blindschacht).

Lothringen selbst nutzt die Zeit bis 1945 weiter zur Konsolidierung der AG, was im Kapitel "Glanz und Elend" genauer beschrieben wird.

In einem Beitrag von 1951 für eine Bochumer Heimatzeitschrift schreibt Paul Hilgenstock (Zuständiger für sämtliche Kokereien von 1914 bis 1952) über den Aufbau der Chemischen Werke Lothringen:
"Sie beschäftigte im Aufbau und Betrieb 4500 Arbeiter und Beamte; aber zu keiner Zeit einen einzigen Kriegs-gefangenen."
Über den Zweiten Weltkrieg verliert er kein Wort und zwar aus gutem Grund, denn das Unternehmen hat alles anderes als eine weiße Weste.
So betrieb es während des Krieges Gefangenenlager u.a. am Castroper Hellweg, der Heinrichstraße, der Dietrich-Benking Straße und auf dem Gelände von Schacht III an der Gewerkenstraße. Zum Einsatz kamen Verschleppte aus Polen, der Ukraine und Kriegsgefangene aus Rußland, selbst
Jugendliche im Alter von 15 bis 16 Jahren.

Als die Alliierten in der Nacht vom 12. auf den 13.06.1943 einen Bombenangriff fliegen, wird auch ein Barackenlager zerstört. Dabei dürfte es sich um das Lager an der Gewerkenstraße handeln.

Da die Zwangsarbeiter schlechter verpflegt und untergebracht sind (manche "wohnen" gleich Untertage und kommen erst gar nicht mehr ans Tageslicht). Sie werfen guten Gewinn ab. Während deutsche Arbeiter 23,80 Reichsmark Bruttolohn pro Woche beziehen, gehen beim Zwangsarbeiter 7,70 RM an Ostarbeiterabgabe plus 10,50 RM für Unterkunft und Verpflegung ab, womit nur noch 5,10 RM ausgezahlt werden müssen.

Durch die Freilassung der Zwangsarbeiter reduziert sich die Belegschaftszahl um 50 Prozent.

Mit der Besetzung Bochums durch die Amerikaner ab April 1945 werden sämtliche Vermögen der AG beschlagnahmt, Vorstandsmitglieder werden inhaftiert, und der Aufsichtsrat darf nicht mehr tagen.

Diese Beschränkungen bleiben bis 1951 in Kraft. Das RWKS wird aufgelöst und die Kontrolle an die Besatzungsmächte übergeben.

Auf der positiven Seite ist zu verzeichnen, daß Lothringen
kaum Kriegsschäden zu verkraften hat. Nur die Zeche Präsident an der Dorstener Straße wurde durch einen Fliegerangriff am 29.08.1943 total zerstört und wird auch nicht mehr aufgebaut.
Auch Schacht I/II blieb nicht ungeschoren, so wurden bei
einem Bombenangriff am 06.11.1944 die Kühltürme, das Magazin, die Pechentladung und die Koksöfen beschädigt und müssen repariert werden. Von den Werkswohnungen ist rund 1/6 schwer beschädigt oder zerstört. Auf Schacht IV erleidet einer der Gasbehälter bei einem Luftangriff einen Bombentreffer.

Das Magazin wird zunächst mit Wellblech und Holz repariert, und erst am 15.06.1951 wird die Baugenehmigung gestellt, das Magazin komplett zu reparieren. Dies kann aus zwei Gründen nicht mehr aufgeschoben werden: Die Zeche benötigt mehr Lagerfläche für die Magazinmaterialien, außerdem ist das Notdach defekt, und eine Reparatur würde erhebliche Kosten verursachen. Aus diesen Gründen entscheidet man sich, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und das Magazingebäude um ein zweites Stockwerk aufzustocken.

Die Teerdestillation wird bis zum 26.08.1952 repariert und am 13.10.1952 in Betrieb genommen.

Alle anderen Reparaturen sind bis 1947 abgeschlossen, und die meisten der Lothringer Betriebe gehen bis 1949 wieder in Förderung bzw. Produktion. Veränderungen lassen sich dennoch nicht vermeiden:
- Die Teerdestillation geht rückwirkend zum 01.01.1944 an die
Teerverwertung m.b.H, Duisburg.
- Die Eisengießerei Blankenburg geht an die russische Besatzung.
- Das Auslandsvermögen (Continentale Handelsgesellschaft, Zürich) wird einer schweizerischen Vermögensstelle unterstellt und um 1955 endgültig verkauft.
Somit verbleiben der AG das Imprägnierwerk, die Eisen-AG Lothringen, die Kohlenhandelsgesellschaft Hellinghausen & Co. KG und die Kalkwerke Rheine.

Am 20.07.1950 durchbricht Schacht I die 1000m Marke. In den folgenden Jahren bis 1955 wird die Kraftzentrale auf Schacht IV weiter ausgebaut, die Leistung wird gebraucht für die Versorgung der Stahlwerke Bochum.

Ab 1955 wird Lothringen nochmals umgebaut, die Summe aller
Kosten und Investitionen beläuft sich auf über 30 Millionen Mark. Ziel ist der Umbau auf zentrale Förderung auf Schacht
I/II, daher wird eine neue Zentralwäsche (Bild rechts) auf I/II gebaut, die Kokereien werden bis 1957 stillgelegt und eine Zentralkokerei auf IV in Betrieb genommen. Die Pechkokerei auf I/II wird am 15.06.1956 stillgelegt. Auch Untertage wird modernisiert, so kommen erstmals Kohlehobel zum Einsatz, und der Elektrifizierungsgrad Untertage steigt von 40% auf 81%.

1957 verkauft Wintershall die Aktienmehrheit an der Bergbau AG Lothringen an den Eschweiler Bergwerksverein, einem Unternehmen aus dem Aachener Bergbaurevier. Gleichzeitig machen Untertage ungünstige Lagerungsverhältnisse die Förderung schwierig. An der Dietrich-Benking-Straße entsteht bis 1964 das Kalksandsteinwerk, um für einen besseren Absatz des Kalkwerkes Rheine zu sorgen.

1960 schaffen Schwerin und Lothringen die Voraussetzung für ein Verbundbergwerk. So wird im April des Jahres auf Sohle 8 die Verbindung zwischen den beiden Bergwerken hergestellt und die Förderung von Schwerin wird ebenfalls übernommen. Am 01.01.1961 entsteht das Verbundbergwerk "Lothringen-Graf Schwerin".

1961 beginnt das Kraftwerk auf Lothringen IV, über ein eigenes Leitungsnetz Gerthe mit Fernwärme zu versorgen. Außerdem wird ein langfristiger Vertrag mit den Stadtwerken Bochum über die Lieferung von Fernwärme abgeschlossen, die ab 1962 aufgenommen wird. Bis 1964 ist das Kraftwerk auf eine Leistung von 85 Megawatt ausgebaut.

1964 beginnt das Kalksandsteinwerk an der Dietrich-Benking-Str. mit der Produktion.

Und schließlich wird 1965/66 auf Lothringen I/II eine Kohleschlammtrocknungsanlage gebaut, in der die Schlämme der Kohlenwäsche getrocknet werden. Die Schlämme werden teils auf Halde gelegt, teils sofort im Kraftwerk Lothringen IV verfeuert. Die Schlämme auf Halde werden nach der Stillegung der Zeche im Kraftwerk genutzt.

Die Stillegung von Lothringen am 28.04.1967 kommt nicht überraschend. Die Gründe sind vielfältig. Zum einen wird die Kohle als Energieträger immer schneller vom Erdöl abgelöst. Ein weiterer Grund liegt in der Konzernstruktur: Die Lothringer BBAG gehört zum Eschweiler Bergwerksverein, der wiederum zum ARBED Konzern (Vereinigte Hüttenwerke Burbach, Eich, Düdelingen - Französisch: "Aciéries Réunies
de Burbach - Eich - Dudelange") gehört. Dieser braucht Koks und Kohle für den Betrieb seiner Hütten, doch die deutsche Kohle ist zu teuer. So baut ARBED eine Großkokerei an der belgischen Küste und betreibt diese nur mit ausländischer Kohle, die Bedeutung von Lothringen im Konzern sinkt dramatisch.

Dennoch verlangt der ARBED Konzern noch im September 1965 eine Aufstellung sämtlicher Vorräte auf allen Lothringer
Zechen. Interessant ist das projektierte Schließungsdatum der Zeche Lothringen: 1978!

Zur gleichen Zeit laufen auch Verhandlungen mit Constantin der Große über den Ankauf von Feldern, in denen Constantin wegen schlechter Wetterverhältnisse (die in diesem Feld von Lothringen kommt) nicht bauen kann. Doch der Bergwerks-direktor von Lothringen läßt die Verhandlungen platzen.

Lothringen selbst ist zu diesem Zeitpunkt auf der 8. und 9. Sohle, und auch hier macht die Bewetterung Probleme: Die Luftfeuchtigkeit ist zu hoch und läßt sich ohne Erweiterung der Wetterschächte nicht drücken. Ohne die Felder von Constantin lohnt sich die Investition in bessere Bewetterung nicht, die logische Konsequenz lautet: Stillegung.

Dies wird unterstrichen, als Lothringen 1966 die benachbarte Zeche Erin aufkauft. Im Spätsommer wird auf einer Pressekonferenz die Stillegung von Lothringen zum 30.04.1967 angekündigt, von den verbleibenden Kumpeln gehen 1000 nach Erin, 1000 nach Herbede, zumindest offiziell. Inoffiziell wurden aber auf beide Anlagen ohne Wissen der EBV-Direktion ca. 1400 Mann (also 2800 gesamt) verlegt. Ca. 1000 Mann wurden auf Stellen (z.B. Opel) vermittelt, und nur 400 Mann blieben in der Arbeitslosenstatistik übrig.

Mit Lothringen schließt 1967 die 51. Zechenanlage an der Ruhr, von allen Schächten bleibt Schacht IV am längsten in Betrieb: Erst mit dem Ende der Raubarbeiten Untertage wird auch dieser Schacht zum 31.12.1967 stillgelegt. Doch alle Maßnahmen helfen nichts, sowohl der BBAG als auch dem Ruhrbergbau verschafft das nur wenig Luft: 1969 werden mit der Gründung der Ruhrkohle AG nicht alle Revierzechen in die RAG eingebracht.

1970 wird die Verwaltung der "Gruppe Bochum" (so hieß BBAG Lothringen nach der Stillegung von Zeche Lothringen) von Gerthe nach Kohlscheid verlegt. 1972 wird Herbede stillgelegt, 1975 das Kraftwerk auf Schacht IV, schließlich 1983 die Zeche Erin.

Der EBV gibt Mitte der 1980er Jahre sämtliche Bergwerksaktivitäten auf und überträgt sämtliche Aktiva an die Ruhrkohle AG.

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