Hier geht es zur Homepage der Stadt Duisburg

 

Friedrich Thyssen IV/VIII

Friedrich Thyssen 4
Teufbeginn: 1899
Steinkohlengebirge: 18. September 1901 bei 122 m
Teufende: 1903
Förderbeginn: 1903
Endteufe / Durchmesser: 867 m / 5,9 m
Betriebseinstellung: 1959

Friedrich Thyssen 8
Teufbeginn: 1922
Steinkohlengebirge: 3. Juli 1924 bei 180,2 m
Teufende: 1924
Förderbeginn: 1925
Endteufe / Durchmesser: 868 m / 6,2 m
Betriebseinstellung: 1959


Die seit 1903 in Förderung stehende Schachtanlage 4/8 wurde zum 30. Juni 1959 stillgelegt und die Tagesanlagen wurde infolge abgebrochen. Die unmittelbar benachbarte Kokerei 4/8 produzierte von 1905 bis zum 15. November 1977.


Schacht 8 - 1922 Ausmauerung des Senkschachtes


Schacht 4 im Jahr 1922 - links Schacht 8 im Bau


Schacht 8 im Jahr 1953


Die Anlage 4/8 aus der Luft 1956

Geschichtliche Entwicklung:
Als am 7. November 1899 der erste Spatenstich für die Abteufarbeiten von Schacht 4 getan wurde, stand Schacht 1 schon seit seit 23 Jahren in Förderung, Schacht 2 seit drei Jahren und Schacht 3, dessen Abteufarbeiten schneller vorangekommen war, seit vier Jahren. Im Gegensatz zu unseren neueren Schachtanlagen, die nach dem Gefrierverfahren abgeteuft worden sind, wurde Schacht 4 im Deckgebirge nach dem Senkschachtverfahren abgeteuft. Nach diesem Abteufverfahren wird ein ringförmiger, eiserner "Senkschuh" auf das Gebirge gesetzt. Auf diesem Senk- oder Schneidschuh wird die Schachtwandung hochgemauert und drückt entweder durch ihr eigenes Gewicht oder mit zusätzlichem Druck den Senkschuh in die Tiefe. Die fertige Schachtsäule sinkt so langsam in das Gebirge ein; das in ihrem Inneren befindliche Gestein wird zutage gefördert. Dieser Vorgang läßt sich naturgemäß leichter beschreiben, als praktisch ausführen. Der erste Mauer-Senkschacht beispielsweise, der einen lichten Durchmesser von 8 m hatte, erreichte nur eine Teufe von 12 m. Dann saß er fest. Man setzte ihn in eine zweite Senksäule, diesmal mit einer Wandung aus Gußringen (Tübbings) hinein, die einen lichten Durchmesser von 6,5 m hatte. Abgeteuft wurde von Hand bis zu einer Teufe von 30 m. Dann war das Abteufen von Hand nicht mehr möglich, weil die Wasserzuflüsse zu stark wurden; zudem saß auch die Tübbingsäule fast. Man brachte deshalb eine zweite Tübbingsäule mit 5,9 m lichtem Durchmesser ein und ging über zum Abbohren des Schachtes "im toten Wasser". Das für eine solche Arbeit benötigte Werkzeug - ein Meißel von gewaltigen Ausmaßen mit schlagender Wirkung - ist in Abbildung 2 dargestellt.

In größerer Teufe ließen dann die Wasserzuflüsse wieder nach, so daß die Abteufarbeit von Hand fortgesetzt werden konnte. Im Septemper 1901 war die für das Schachtabteufen besonders schwierige Deckgebirgeschicht, die in unserer Gegend das Steinkohlengebirge überdeckt, überwunden. Der Schacht erreichte in 122 m Teufe das Steinkohlengebirge. Aus diesem Zeitabschnitt stammt unsere Abbildung 3 mit dem Abteufgerüst im Hintergrunde, davor die Schachtbelegschaft und die damals leitenden Männer des Thyssen-Bergbaus. Ihre Namen, die auf dem Deckblatt zu diesem Bilde angegeben sind, werden manch einem unserer älteren Bergleute noch gut bekannt zu sein.


1. Betriebsführer Röttger
2. Obermarkscheider Murmann
3. Oberingenieur Reichardt
4. Wohnungsinspekteur Vester
5. Bergwerksdirektor Kalthoff

Ende 1902 hatte Schacht 4 eine Teufe von 386 m erreicht. Die Abteufarbeiten waren beschleunigt worden durch Unterfahrung des Schachtes und Hochbrechen von der 3. und 4. Sohle des Schachtes 1 aus. Der Abteufarbeit folgten das Ansetzen der ersten vier Sohlen bei 149 m, 209 m, 297 m und 357 m Teufe sowie die sonstigen Aus- und Vorrichtungsarbeiten. Der Sohlenabstand war damals wesentlich kleiner, als er heute üblicherweise gewählt wird. Abbildung 4 zeigt die Schachtscheibe von Schacht 4; durch die beiden Innenkreise sind die beiden erwähnten Tübbingsäulen gekennzeichnet. Aus den vier Spurlattenpaaren, die im Querschnitt als kleine Rechtecke angebeutet sind erkennt man, daß Schacht 4 als Doppelschacht in Betrieb genommen wurde.


Schachtscheibe Schacht 4

Mit der Abteufarbeit parallel lief der Bau der Tagesanlagen, bestehend aus zwei Dampffördermaschinen, zwei Kolbenkompressoren zur Erzeugung der Druckluft, einer Maschinenhalle, Werkstätten und Lagerräumen, der Waschkaue, dem Kesselhaus und dem Zechenbahnhof. Im Oktober 1903 waren die Tagesanlagen so weit fertiggestellt, daß die Kohlenförderung aufgenommen werden konnte. Bis zum Jahresende 1903 förderte die Schachtanlage 23.987 t; schon im nächsten Jahre stieg die Förderung auf 256.784 t.
Die Entwicklung der Förderung der Schachtanlage Friedrich Thyssen 4/8 vom Beginn bis zum Jahre 1952 ist in Abbildung 5 dargestellt.

Die beiden Linienzüge zeigen die Jahresförderung und die jeweilige Größe der Belegschaft. Das Auf und Ab dieser Kurven gibt ein interessantes Bild über den Zusammenhang der wirtschaftlichen Lage des Bergbaus überhaupt mit der politischen Lage unseres Heimatlandes im Lauf des vergangenen halben Jahrhunderts.
Der Rückgang in den Jahren 1915 bis 1919 beispielsweise ist auf den ersten Weltkrieg zurückzuführen; der Tiefstand der Kurven in den Jahren 1931 und 1932 spiegelt die damalige allgemeine Wirtschaftskrise wider, die im März 1931 zur Kündigung von 1000 Bergleuten zwang. Das Fallen der Kurven im Jahre 1944 ist zurückzuführen auf den großen Bombenangriff am 14. Oktober 1944, als dessen schwerwiegenste Folge die 8. Sohle der Schachtanlage versoff. Die Ursache dieses Tiefstandes von 1945 sind uns allen noch in frischer Erinnerung. Insgesamt förderte die Schachtanlage Friedrich Thyssen 4/8 bis zum Jahre 1952 rund 34,5 Millionen t Kohle, und zwar fast ausschließlich Fettkohle, also die begehrteste und wertvollste der Kohlenarten des Ruhrgebietes. Im Bereich ihres Grubendfeldes, das eine Größe von rund 8 Millionen Quadratmeter oder 800 Hektar bzw. 3200 Morgen hat, stand bei der Aufnahme der Förderung bis zu 1250 m Teufe ein gewinnbarer Kohlenvorrat von rund 76 Millionen t an. Zieht man von dieser Vorratsmenge die bisherige Förderung in Höhe von 34,5 Millionen t ab, so verbelieben noch ein gewinnbarer Vorrat von 41,5 Millionen t. Die Erde hat also im Bereich der Schachtanlage Friedrich Thyssen 4/8 erst den kleineren Teil ihrer Schätze hergeben müssen.
Entsprechend dem Fortschreiten des Abbaues im Bereich der einzelnen Fördersohlen ergab sich die Notwendigkeit des Weiterteufens von Schacht 4. So wurde im Jahre 1910 die 5. Sohle bei 458 m angesetzt, im Jahre 1912 die 6. Sohle bei 560 m Teufe, im Jahre 1930 die 7. Sohle bei 660 m Teufe und im Jahre 1941 die 8. Sohle bei 830 m Teufe. Nach dem ersten Weltkrieg wurde der schon seit längerer Zeit bestehende Plan, Schacht 4 zu einer Doppelschachtanlage zu erweitern, verwirklicht. Am 1. Januar 1922 begannen die Abteufarbeiten für Schacht 8, der im Deckgebirge nach dem Gefrierverfahren mit einem lichten Durchmesser von 6,20 m niedergebracht wurde, am 3. Juni 1924 das Steinkohlegebirge bei 180,2 m Teufe erreichte und zur Zeit eine Teufe von 830 m hat. Abbildung 6 ist ein Erinnerungdbild an der Abnahme von Schacht 8 durch die Bergbehörde am 24. Juni 1925.


Abnahme von Schacht 8 durch die Bergbehörde
1. Regierungsbaumeister Hunger
2. Obermarkscheider Murmann
3. Betriebsführer Gallhoff
4. Betriebsinspektor Weber
5. Direktor Drost (Schachtbau)
6. Bergwerksdirektor Mommertz
7. Bauführer Illerhaus
8. Oberbergrat Brandt (Bergamt Duisburg)
9. Grubenbetriebsführer Hesse
10. Bergwerksdirektor Dr.-Ing. Roelen
11. Bergwerksdirektor Dipl.-Ing. Barking
12. Baumeister Sigloch
13. Direktor Gräf
14. Ingenieur Ochsendorf

Mit der Fertigstellung von Schacht 8 wurde dieser zum einziehenden Schacht, nachdem er in den Jahren vorher je nach den wettertechnischen Notwendigkeiten mal als einziehender, mal als ausziehender Schacht gedient hatte. Von Bedeutung für die Wetterführung der Schachtanlage Friedrich Thyssen 4/8 war einige Jahre lang der Schacht Rönsbergshof, der im Jahre 1910 in Betrieb kam (Abbildung 7) und zur Zeit der Schachtanlage Westende als ausziehender Wetterschacht dient.

Heute gehört zur Schachtanlage Friedrich Thyssen 4/8 als ausziehender Wetterschacht der Schacht Wittfeld (Abbildung 8), der in den Jahren 1908 bis 1910 durch die Gewerkschaft Neumühl als Spülschacht abgeteuft und im Jahre 1928 von Neumühl übernommen wurde.

Als wichtige Ereignisse in der Geschichte der Schachtanlage müssen ferner die Einrichtung der Sieberei und Wäsche im Jahre 1904 und die Inbetriebnahme der Kokerei mit Nebengewinnungsanlge im Jahr 1905 erwähnt werden. Die Kokerei 4/8 wurde durch eine Drahtseilbahn mit dem Hüttenwerken Ruhrort-Meiderich als den Hauptabnehmern des Kokses verbunden. Die Jahre bis zum zweiten Weltkriege sind durch eine stetige Weiterentwicklung und Modernisierung der Schachtanlage gekennzeichnet. Im Jahre 1936 begann man mit dem Abbau der halbsteil gelagerten Flöze (Einfallen von 25 bis 35°), dem später der Abbau noch steilerer Flöze folgte. Zur Strebförderung wurden hier die ersten Bremsförderer der Firmen Westfalia-Lünen, Kema, Köln-Ehrenfeld, Eickhoff, Bochum, DEMAG, Duisburg, und Beien, Herne, eingesetzt. Diese Förderer konnten nach Überwindung der ersten Anlaufschwierigkeiten beachtliche Mengen Kohle reibungslos abfördern. Für den Abbau von steiler gelagerten Flözen wurden Stauscheiben- und Winkelförderer eingesetzt. Aus der Weiterentwicklung des Tagesdbetriebes seien erwähnt der Umbau von fünf Dampfkesseln des Kesselhauses auf Gichtgasfeuerung in den Jahren 1928/29, wodurch die Verbundwirtschaft zwischen Hütte und Schachtanlage erweitert wurde, der Neubau des Pförtnegebäudes, der Markenkontrolle und des Lohnbüros im Jahre 1930 und die Einrichtung der Schwarzweißkaue in den Jahren 1938 und 1939. Der Neubau eines großen modernen Dampfkessels mit 40 atü und die Aufstellung eines Kreiselverdichters mit 65.000 Kubikmeter stündlicher Ansaugleistung erfolgte im Jahre 1939 und erbrachte eine wesentliche Verbesserung der Energiewirtschaft der Schachtanlage. Der zweite Weltkrieg hat der Schachtanlage besonders tiefe Wunden geschlagen, durch die sowohl der Tagesbetrieb als auch der Grubenbetrieb stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Die Schachtanlage Friedrich Thyssen 4/8 hat von allen Hamborner Schachtanlagen unter den Kriegseinwirkungen wohl am meisten gelitten. Die größten und folgenschwersten Kriegsschäden traten infolge der beiden schweren Bombenangriffe vom 14. und 15. Oktober 1944 ein, bei denen die Schachtanlage von 288 Sprengbomben und etwa 4000 Brandbomben getroffen wurde. Volltreffer erhielten u.a. ein Hochdruckdampfkessel, das Gaskesselhaus und die östliche Fördermaschine von Schacht 4. Beider Förderungen des Schachtes wurden zerstört und alle vier Förderkörbe stürzten in den Schachtsumpf. Volltreffer erhielten ferner die Hängebank von Schacht 4, das Schachtgebäude von Schacht 8, die beiden Kühltürme und der westliche Teil der Wäsche, wo 15 Feinkohlentürme zerstört wurden. Der für den Grubenbetrieb folgenschwerste Schaden trat aber durch die Unterbrechung der Stromzufuhr ein, wodurch die Pumpen der Wasserhaltung der 8. Sohle unter Wasser gesetzt wurden. Das Wasser konnte erst 107 m über der 8. Sohle kurzgehalten werden. Da diese Sohle vor ihrem Absaufen als Hauptfördersohle diente, auf der auch das Schwergewicht der Aus- und Vorrichtungsarbeiten lag, bedeutete dieses Ereignis einen Rückgang in der Förderung und der organischen Weiterentwicklung der Schachtanlage, zu dessen Überwindung eine jahrelange Arbeit notwendig wurde.
Sofort nach Abschluß der Kampfhandlungen setzten, wie überall im Hamborner Bergbau, auch hier die Wiederaufbauarbeiten ein. Die 8. Sohle war im Führjahr 1946 nach Überwindung großer Schwierigkeiten wieder gesümpft. Aber erst am August 1947 konnte die Förderung von der 8. Sohle aufgenommen werden, weil die Wiedereinrichtung einer Sohle, die lange Zeit unter Wasser gelegen hat, umfangreiche und schwierige Instandsetzungsarbeiten notwendig macht. Die besten Reviere, die die reinste Kohle bei günstigen Lagerungsverhältnissen hätten liefern können, sind auf diese Weise langfristig ausgefallen, und es mußte auf den Abbau von Flözen zurückgegriffen werden, die vorher kaum als bauwürdig angesehen waren.
Inzwischen sind in gemeinsamer Kraftanstrengung die Schäden des Gruben- und Tagesbetriebes behoben, und man darf sagen, daß sich die Schachtanlage am Tage ihres Jubiläums im Zustande der endgültigen Wiedergesundung und Erholung befindet.
....
Zur Zeit gehört die Schachtanlage zur Friedrich Thyssen Bergbau-Aktien-Gesellschaft. Sie untersteht der Bergwerksdirektion III.


Nicht anführen können wir die Namen der vielen Tausend Bergleute, Arbeiter des Tagesbetriebes und Grubenbeamten, die in der 50jährigen Geschichte der Schachtanlage hier gearbeitet haben und noch arbeiten, und die insgesamt die große Werksgemeinschaft von Friedrich Thyssen 4/8 bilden. Ihrem Einsatz und ihrer unermüdlichen Pflichterfüllung ist es in erster Linie zu danken, daß auch diese Schachtanlage des Hamborner Bergbaus die Aufgabe erfüllt, die ihr in unserem Wirtschaftsleben gestellt ist; die Kohle zutage zu fördern, die die Grundlage der Wirtschaft überhaupt bildet, und ohne die wir alle nicht leben können. Ihnen gebührt deshalb am Schluß dieses Rückblicks ein besonderes Wort des Dankes, das verbunden sei mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß der Schachtanlage Friedrich Thyssen 4/8 noch ein langes erfolgreiches Leben beschieden sein möge!

Quelle: Der Förderturm - Werkszeitschrift der Hamborner und der Friedrich Thyssen Bergbau-AG, "50 Jahre Steinkohlenförderung auf der Schachtanlage Friedrich Thyssen 4/8"; Bergwerksdirektor Bergrat a. D. Brocke, 1953, 28. Jahrgang

Trotz der guten Wünsche des Autors des obigen Beitrags - für eine weiteres erfolgreiches Wirken der Anlage 4/8 - wurde diese bereits fünf Jahre später stillgelegt. Bis auf ein Torhaus, dem Stellwerk, Teile der Werksmauer sowie der beiden Schachtabdeckungen ist nichts mehr erhalten. Einige Versorgungs- und Kabelschächte sowie Fundamente der Kühlanlagen sind auch noch zu finden.
Die Kokerei wurde auch nach deren Stilllegung im Jahr 1977 restlos abgebrochen und heute steht auf deren Gelände ein Möbelhaus.

Sonstiges

Sollten Sie noch über weitere Informationen, Dokumente oder Fotos zum Bergwerk Friedrich Thyssen verfügen, so wäre ich Ihnen für eine Bereitstellung dankbar.

Weitere Informationen zu den Bergwerken im Ruhrgebiet finden Sie auf meiner Seite:
www.foerdergerueste.de