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Ein kurzer Blick in die Entstehungsgeschichte

In den Jahren 1905 und 1906 muteten die Brüder Paul und August Stein zahlreiche Steinkohle- und Salzfelder auf der linken Rheinseite. Nach erfolgreicher Mutung durch Bohrversuche wurden ihnen so in den darauffolgenden Jahren (1906-1908) insgesamt 18 Grubenfelder verliehen. Nach Zuteilung der Felder werden diese konsolidiert und durch gerade Trennlinien in zwei Grubenfelder (Rossenray und Rheinberg) geteilt. 1910 wird das südlich gelegene Grubenfeld Rossenray von den Rheinischen Stahlwerken erworben und bereits kurz nach dem Erwerb wird mit der Planung einer Doppelschachtanlage begonnen und die Vorbereitungsarbeiten zum Abteufen der Schächte werden kurzfristig aufgenommen. Das nördliche Grubenfeld bleibt vorerst weiterhin im Besitz der Gebrüder Stein. Leider ist der Schachtansatzpunkt aber äußerst ungünstig gewählt, da beim Vorbohren der Rheinpreussen-Sprung angefahren wird und die damit verbundenen hohen Wasserzuflüsse das Niederbringen des ersten Schachtes "Alter Schacht" zum erliegen bringen. Darüber hinaus lassen wirtschaftliche Schwierigkeiten des Eigentümers keinen Standortwechsel zu und das Projekt muß auf Eis gelegt werden.
1927 erwirbt die Frankfurter Gasgesellschaft die Kuxe und tritt von diesen 50% an die Stadt Köln ab. 1929 wird der verwaltende Markscheider mit der Aufgabe betraut eine Doppelschachtanlage zu planen. Diese - aus politischem Kalkül heraus geborene Idee - ziehlt auf eine scheinbare Selbstversorgung der Frankfurter Gasgesellschaft und der Stadt Köln (hier speziell durch den damaligen Kölner Oberbürgermeister und späteren Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer vertreten) von dem damaligen einzigen Gaszulieferer Ruhrgas der Stadt Köln ab.
Dieser selbst nach heutigen Maßstäben eindrucksvolle Bluff verfehlt sein Ziel nicht und die Ruhrgas akzeptiert neue regulierte Gaspreise und einen langfristigen Liefervertrag, da diese befürchten muss, daß die beiden Gesellschafter das Vorhaben in die Tat umsetzen und sich durch eine eigene Schachtanlage von dem Gaslieferanten unabhängig macht. Nach diesem Bravourstück wird die Planung der Schachtanlage allerdings schleunigst wieder eingestellt und das Grubenfeld fällt erneut in einen Dornröschenschlaf.
Nach einigen Jahren kommt aber erneut etwas Schwung in das ruhende Grubenfeld. Die Friedrich Krupp A.G., sowie die Gewerkschaften Emscher-Lippe, Constantin der Große und die Norddeutsche Hütten A.G. kaufen 1937 zwar alle Kuxe auf, aber es kommt zu keinen ernsthaften Versuchen einer Neuabteufung. Erst im Jahre 1941 löst sich die gebildete Gewerkschaft auf und es braucht ein weiteres Jahr bis daraus eine hundertteilige Gewerkschaft Rossenray entsteht. In dieser erhält die Friedrich Krupp A.G. 70 Kuxe, die Gewerkschaft Emscher-Lippe 25 Kuxe und die Norddeutsche Hütte erhält 5 Kuxe. Die Gewerkschaft Constantin d.G. hat im Zuge der Neuordnung ihre Kuxe an Krupp abgetreten.
Der Betriebsplan wird nun züglich bei dem zuständigen Bergamt in Krefeld eingereicht und bereits am 24. Februar 1942 erfolgt der erste Spatenstich zur Abteufung der Schächte durch Alfried Krupp. Die geplante Doppelanlage ist für die auch aus heutiger Sicht beträchtliche Förderleistung von 15.000 t/Tag vorgesehen und soll die dringend benötigte Kohle für die unweit gelegenen Stahlwerke bereitstellen. Bereits im Jahr 1943 wird mit der Auffahrung eines Verbindungsquerschlages (Krupp-Querschlag) aus dem Grubenfeld Rheinland (Schachtanlage Pattberg) begonnen und das Gefrieren der Schachtsäule beginnt. Gleichzeitig werden die notwenigen Übertageeinrichtungen und Abteuftürme errichtet, dabei kommen auch etwa 150 Kriegsgefangene zum Einsatz, da nicht genügend Arbeiter im Umland zur Verfügung stehen. Auf Grund der kriegsbedingten Einschränkungen erfolgt der Aufbau nur langsam und das Abbohren und Gefrieren kann erst gegen Kriegsende aufgenommen werden. Am 2. März 1945 kommen dann alle Arbeiten zum Erliegen, da sich allierte Truppen nähern und nur drei Tage später besetzten amerikanische Truppen das Betriebsgelände.

Nach dem Zusammenbruch 1945

Die Anlage fällt nun, trotz der weiterhin erfolgenden Wartungsarbeiten, für fast 10 Jahre erneut in einen Dornröschenschlaf.
Nach der nachkriegsbedingten Umstrukturierung der Kupp'schen Geschäftfelder und Schaffung der Bergwerke Essen-Rossenray A.G. wird nun aber verstärkt an der Wiederaufnahme der Teufarbeiten gearbeitet. Anfang 1955 werden die Gefriermaschienen an Schacht I wieder in Betrieb genommen und bereits im November kann mit dem Abteufen begonnen werden. Im Juli 1955 wird mit der Erstellung der Gefrierlöcher für Schacht II begonnen und im April 1957 beginnen dort die Abteufarbeiten. 1959 erreicht Schacht I und 1961 Schacht II die Endteufe. Nach Abschluß der schachtnahen Ausbauarbeiten wird im August 1960 mit der Ausrichtung des Grubengebäudes begonnen. Gescheiterte Verhandlungen mit der Deutschen Erdöl A.G. (Eigentümer der Rheinpreussen A.G.) über einen gemeinsamen Betrieb der Schachtanlagen als Verbundbergwerk, führen zu Verminderung der Investitionen auf ein Minimum. Die beginnende Kohlekrise scheint ein weiteres Opfer zu fordern. 1961 wird in Anbetracht der hohen Investitonskosten und der zunehmen gespannten Absatzsituation für Steinkohle sogar der Stilllegungbeschluß und somit das "Einmotten" für die komplette Schachtanlage ausgesprochen. Dieser Beschluß wird aber von Krupp zugunsten eines Sparpaketes zurückgenommen um die Förderung 1963 doch noch anlaufen zu lassen. Die für einen Betrieb benötigten Tagesanlagen werden damit aber auf das Notwendigste beschränkt und das Provisorium nimmt seine Lauf.
Am 1. Juli 1963 ist es endlich soweit! Der erste Förderwagen erscheint auf Schacht II im Tageslicht. Die bis zum Ende des Jahres auf 2000 tato ansteigende Förderung wird vorläufig per LKW zur nächstliegenden Kruppzeche Wolfsbank (Essen) gefahren und dort aufbereitet. Im November kann dann die notdürftig errichtete Aufbereitung die Förderkohle aufbereiten und wirtschaftlich verkaufen. Die guten Aufschlußergebnisse aus den Jahren 1963-1964 führen zur Zusage einer weiteren Investitionsspritze von 100 Mio. DM um die Förderung auf 5500 tato zu steigern. Diese soll für die nicht entwickelte Schachtanlage in den Jahren bis 1968 zum Einsatz kommen und führt zu einer deutlichen Verbessung der noch recht notdürftigen Anlagen. In Zuge der Investitionen wird der markante Förderturm über Schacht I erbaut um die Schachtanlage zu einem leistungsfähigen Standort auszubauen. Aber nicht nur wirtschaftliche Lasten machen es der Schachtanlage schwer ihre Existenz zu sichern, auch menschliche Tragödien bleiben leider nicht aus. So kommt es am 16. Februar 1966 in einer Strecke in Flöz Präsident zu einer Schlagwetterexplosion die 16 Todesopfer fordert. Ein erneuter wirtschaftlicher Rückschlag wird am 5. Mai 1966 verkündet. Die allgemeine Strukturkrise im Bergbau zwingt die Betreibergesellschaft zur Rücknahme der zugesagten Investitionen zur Fördersteigerung, nur die bereits fortgeschrittenen Bauvorhaben werden noch zu Ende geführt. Alles andere wird gestundet und das immer noch herrschende Provisorium wird somit nicht beseitigt!
Die Förderung stagniert bei 4000 tato, da der einzige Förderschacht (Schacht II) vollständig ausgelastet ist. Eine Fördersteigerung ist nur durch weitere Investitionen möglich. Nach einigem Hin und Her wird 1968 das gestundete Investitionsprogramm erneut angestoßen um Schacht I für eine Gefäßförderung auszubauen. Die übrigen notwendigen Tagesanlagen können aber weiterhin nicht ausgebaut werden.

Der Beitritt zur Ruhrkohle A.G.

1969/70 ändert sich die Lage. Die Schachtanlage wird in die RAG eingebracht und bildet nun das Verbundbergwerk Pattberg/Rossenray. Nun kann die Förderung im Aufbereitungsstandort Pattberg verarbeitet werden. Da die anstehenden Kohlereserven im Baufeld Pattberg zur Neige gehen, ist dies ein durchaus logischer Schritt der Führungsgesellschaft da beide Anlagen aus diesem Förderverbund profitieren. Allerdings erfolgt die Förderung auch weiterhin über Schacht II und LKWs bringen die Förderkohle welche nicht auf Rossenray aufbereitet (Aufbereitungsleistung 4500 tato) werden kann nach Pattberg.
Erst mit der Inbetriebnahme der Gefäßförderung 1971 von Schacht I und trotz der nun weiter ansteigenden Förderung von 6000 tato tritt eine Entlastung von Schacht II ein.
Um das Grubenfeld wettertechnisch mit der Nachbaranlage Pattberg zu verbinden wird 1974 eine Basisstrecke im Flöz Hermann Gustav aufgefahren. Auch der Querschlag auf der 885 mS ist zwei Monate später hergestellt und nachfolgend wird eine Richtstrecke zur Schachtanlage Friedrich Heinrich aufgefahren, welche am 16.12.1975 den Wetterverbund herstellt. Zum 1. Dezember 1976 wird die Aufbereitung stillgelegt und die gesamte Förderung wird bis zur Inbetriebnahme der Verbund-Bandanlage am 24. November 1978 per LKW zu den Aufbereitungen Rheinpreussen und Pattberg geschickt. Mit der Inbetriebnahme der Verbund-Bandanlage wird die Förderung in Schacht I eingestellt und 1980 wird der Platzbetrieb auf die Anlage Pattberg verlegt. Im Oktober des folgenden Jahre wird der ersten Spatenstich für die neuen Betriebsgebäude vollzogen. Diese werden, bis auf die Kantine (1983), im Oktober 1982 fertiggestellt. Im gleichen Jahr wird auch damit begonnen, die Kaue um 1000 Kauenplätze zu erweitern. Umfangreiche Auffahrarbeiten und technische Innovation im Abbaubetrieb kennzeichnen die 1970 und 1980er Jahre. 1986 wird mit dem Vorbereitungsarbeiten für das Abteufen des neuen Schachtes Rheinberg begonnen um auch das nördliche Grubenfeld wettertechnisch anzubinden. Am 21. Dezember 1987 wird hierzu die Gefrieranlage gestartet und gut ein Jahr später (23.12.1988) wird der erste Teufkübel gezogen.
Nachdem der Beschluß zur Stilllegung der Zeche Rheinpreussen zum 31. März 1990 erfolgte, wurde bereits Ende 1988 damit begonnen eine Förderstrecke zur Nachbaranlage Friedrich-Heinrich aufzufahren, da mit der Stilllegung von Rheinpreussen ein wichtiger Aufbereitungsstandort entfällt und Pattberg nicht in der Lage ist die gesamte Förderkohle aufzubereiten. 1989 ist dieser fertiggestellt und Ende März 1990 wird die erste Kohle aus dem Grubenfeld Rossenray untertägig zur Aufbereitung Friedrich-Heinrich gefördert. 1991 wird die zur Anbindung an die Fördersohle notwendige Tieferteufung von Schacht II durchgeführt und dieser kann am 2. Juni 1992 zur Seilfahrt freigegeben werden. Am 27. Oktober 1992 erreicht Schacht Rheinberg seine Endteufe von 1140 m und im Dezember erfolgt der Durchschlag von der Schachtanlage Walsum aus, welche diesen Schacht in Folge als ausziehenden Wetterschacht nutzen wird.
Im Jahr 1993 wird der technische Zusammenschluß zum Verbundbergwerk Friedrich-Heinrich/Rheinland durchgeführt. Der Förderstandort Pattberg wird aufgegeben und die Zeche Rossenray geht als letzte Förderanlage (obwohl ja eigentlich ohne Förderung) der alten Verbundanlage Rheinland in das neu enstandene Verbundbergwerk über. 1996 wird der Materialtransport auf Friedrich Heinrich IV (Hoerstgen) eingestellt, dieser wird nun von dem zum Multifunktionsschacht umgebauten Schacht Rossenray I übernommen. Im Zuge der Betriebsbündelung der RAG wird zum 01.01.2002 aus dem Verbundbergwerk Friedrich Heinrich/Rheinland das Bergwerk West. Im Jahr 2008 wird die Stilllegung des Bergwerk West durch die RAG verkündet. Zum 31.12.2012 wird das Bergwerk West und somit auch die Anlage Rossenray stillgelegt. In Folge werden nun die noch nutzbaren Betriebsmittel geraubt und die Schächte sollen gegen Ende des Jahre 2013 verfüllt werden. Nachdem die Stilllegungsarbeiten abgeschlossen sind, wird mit dem Rückbau der Tagesanlagen begonnen und das Provisorium Rossenray findet dann, ohne wirklich einmal den Status einer vollwertigen Schachtanlage erlangt zu haben, sein endgültiges - wenn auch nicht verdientes - Ende.

 

Sonstiges

Sollten Sie über weitere Unterlagen, Dokumente oder Fotos zum Thema Rossenray verfügen, so wäre ich Ihnen für eine Bereitstellung dankbar.

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